Lagazuoiumrundung

Viele werden den Lagazuoi kennen, insbesondere durch seine Vergangenheit im 1. Weltkrieg. Die Wandertätigkeit am Lagazuoi erstreckt sich aber meist auf den Kaiserjägersteig oder den alten Kriegstunnel. Hier ist eine Alternative: Die Umrundung des gesamten Massivs, wobei man ein ganzes Stück dem Dolomiten Höhenweg Nr. 1 folgt. Bei der hier beschriebene Tour sollte man allerdings besser am Falzarego oder Valparola Pass auf den Bus umsteigen, denn ab dem Valparola Pass gibt es keinen durchgehenden Wanderweg mehr, sodass man gezwungen ist ein ganzes Stück an der Passstraße entlang zu laufen.

Wegprofil Lagazuoiumrundung

Es regnet und wir parken unser Auto zum Spazierengehen an der Capanna Alpina (1720 m) um ca. 10 Uhr. Wir wollten ein paar Schritte machen und auch nicht lange unterwegs sein, vielleicht zum Lagazuoi-See, aufgrund des Regens, so hatten wir es geplant. In voller Regenmontur liefen wir schließlich los, dem Weg Nr. 20 in Richtung Scotoni Hütte (1985 m) folgend. Kein Mensch ist hier unterwegs. Kein Wunder auch bei diesem Wetter. Zunächst auf breitem Schotterweg sanft bergauf durch lichten Wald. Doch schon sehr bald wird der Weg steiler und wir sind von innen und von außen nass. Die Wolken hängen tief und es ist neblig, sodass wir rein gar nichts von unserer Umgebung sehen. Gegen 10:30 Uhr erreichen wir die Scotoni Hütte. Hier muss man sonst bei gutem Wetter Platzkarten bestellen, weil auf den Wiesen ringsum so viel los ist. Doch heute sind wir die einzigen weit und breit bis auf zwei Säue und zwei Böckchen, die uns auch gleich begrüßten.

Lagazuoiumrundung

Der erste Wegabschnitt

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Das kleine Kapellchen bei der Scotoni Hütte

Da wir uns gut fühlen, beschließen wir noch ein Stückchen weiter zu gehen. Der Regen ist weniger geworden und könnte sogar in den nächsten Minuten aufhören. Vorbei an der kleinen Kapelle, folgen wir weiter dem Weg Nr. 20 Richtung Lagaoui-See. Es wird steiler und unser Weg führt in engen Serpentinen und Schotter eine Rinne hinauf. Diese ist jedoch bestens durch befestigte Stufen präpariert, sodass man sicher hinauf kommt.

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Die Rinne im Aufstieg zum Lagazuoi-See

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Rückblick zum Rif. Scotoni

Weiter ober im Ausstieg verengt sich der Weg allerdings, bleibt aber weiterhin bestens zu gehen. 1999 bin ich das erste Mal hier gewesen, als ich vom Abstieg des Tomaselli-Klettersteiges herunter kam. Ich erinnere mich an die Wegstellen. Doch was ist das??? Ein Wegschild mit 20b!!! Es gibt ihn also doch, den geheimen, nie gefundenen Weg!!! Wenn das Hannelore und Peter sehen könnten, dass wir am Schild des 20b stehen!!! Wir erreichen den Ausstieg des Steilstückes und gelangen auf eine große Terrasse. Doch wo ist der Lagazoui-See, der uns weiter unten auf einem Schild versprochen wurde? Wir gehen noch etwas weiter. Inzwischen lichtet sich auch der Nebel und die Wolken ziehen hoch. Jetzt können wir sogar den Verlauf des 20b verfolgen, der aber weiter hinten abrupt endet, da es dort ein Hangrutsch gegeben hatte und den Weg verschüttet hatte. Es musste erst kürzlich passiert sein, da der Weg bisweilen noch nicht wieder frei geräumt wurde.  Doch wir bleiben auf unserem Weg und gehen weiter. Nicht lange und wir suchen aus der Ferne zu unserer linken Seite im Felsmassiv die Abstiegsrinne, des Tomaselli-Klettersteiges. Michael will wissen, wo ich damals abgestiegen bin. Wir sind fündig geworden. Doch inzwischen ist die Abstiegsrinne ein steiles Schuttkar geworden. Und just in dem Moment, wo wir uns suchend hin- und herdrehen erblicken wir ein ganzes Stück unter uns den Lagazoui-See! Da er nicht direkt am Wegesrand liegt sind wir vorhin einfach ohne es zu merken daran vorbeigegangen.

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Etwas versteckt liegt der Lagazuoi-See am Wegesrand

Wir gehen weiter, die Richtung ist klar, es geht eigentlich immer mehr oder weniger geradeaus. Das Plateau gleicht ein wenig einer Mondlandschaft, überall nur Schutt und graue Felsplatten – das letzte Grün haben wir beim Lagazuoi-See zurückgelassen. Aber irgendwie hat es trotzdem etwas hier zu wandern, vor allem genießen wir die Ruhe hier oben. Da heute der erste Tag unseres Dolomitenurlaubs ist und wir praktisch gerade erst aus dem hektischen Alltagsleben kommen ist es umso wohltuender. Stets gemächlich ansteigend erreichen wir schließlich das Ende des Plateaus an der Forcella Lagazuoi (2573 m). Es ist 12.30 Uhr. Nach rechts zweigt der Weg zum Gipfel des Kleinen Lagazuoi (2778 m) und zum Rif. Lagazuoi (2752 m) an der Bergstation der Seilbahn ab.

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Die Seilbahnstation des Lagazuoi ist von hier aus schnell zu erreichen

Wir legen hier erst einmal eine kleine Mittagspause ein und essen etwas. Sollen wir nun alles wieder zurückgehen oder weiter zum Falzaregopass? Ach was, zurückgehen! Vergessen ist, dass wir uns heute erst einmal einlaufen und nur eine kurze Tour machen wollten, egal auch, dass sich die Tour von hier aus noch ein ganzes Stück zieht – der Berg ruft! Und so geht es weiter in die nahe gelegene Forcella Travenanzes (2507 m).

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Ein breiter, gemütlicher Weg führt hinüber zur Forcella Travenanzes

Eigentlich hat man hier einen atemberaubenden Blick auf die direkt gegenüber gelegene Tofana di Rozes, heute allerdings ist sie größtenteils durch Wolken verdeckt. Als sich der Gipfel doch mal zeigt, sehen wir, dass er schneebedeckt ist. In der Forcella Travenanzes angekommen ist unschwer zu erkennen, dass sich hier im Winter eine Skipiste befindet. Der Hang wird zunächst nach links traversiert, dann geht es im zick-zack hinab und endlich wieder nach rechts zurück, nun immer schräg am Hang entlang auf den Falzaregopass zu.

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Der Abstiegsweg von der Forcella Travenanzes

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Auf der anderen Talseite zeigen sich die Cinque Torri

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Der Wanderweg quert den Hang hinüber zum Falzarego Pass

Dabei mündet von rechts oben der alte Kriegspfad, der vom Lagazuoigipfel größtenteils als Tunnel hinabführt (gute Alternative bei Regenwetter!), ein. Um 13.45 Uhr erreichen wir die Passhöhe (2105 m). Da wir aber irgendwie noch nicht genug haben, beschließen wir, noch weiter zum Valparola Pass gehen. Ein schmaler Pfad führt mehr oder weniger eben, stets links der Straße, in etwa einer Stunde hinüber zu dem benachbarten Pass. Dabei kommt man direkt an dem kleinen Klettergarten am Fuße des Hexensteins vorbei, wo wir kurz das Treiben der Kletterer beobachten. Überhaupt ist die gesamte Region hier im Umkreis geradezu ein Paradies für Kletterer (ausführliche Informationen findet ihr in diesem Artikel vom Bergzeit Magazin, der sich genau mit dieser Region beschäftigt).

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Rückblick in Richtung Falzarego Pass. Im Hintergrund der Averau und der Nuvolau (rechts)

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Blick vom Valparola Pass hinab nach St. Kassian

Der weitere Plan umfasste nun eigentlich eine entspannte Busfahrt vom Valparolapass hinab, bis zu der Einmündung der zur Cap. Alpina führenden Straße, von wo aus das Auto in einem halbstündigen Spaziergang zu erreichen gewesen wäre. Doch weit und breit ist keine Bushaltestelle hier oben zu sehen! Eigentlich hatte ich auf der Wanderkarte eine gesehen, wurde jetzt aber doch unsicher. Also treffen wir die Entscheidung – bevor wir hier am Ende vergeblich warten – zu laufen; wird schon nicht so weit sein… Leider gibt es keinen Wanderweg zum Valparolapass hinauf, also müssen wir größtenteils an der Straße entlang laufen – und die zieht sich! Mittlerweile haben wir die Entscheidung, am Falzaregopass nicht schon in den Bus gestiegen zu sein, von dem wir sicher wissen, dass der Bus dort hält, schon tausendfach bereut. War es am Morgen kühl und feucht, so brennt uns jetzt die Sonne, die gegen Mittag herausgekommen ist heiß auf dem Rücken. Doch irgendwann ist auch dieser Wegabschnitt geschafft und wir stehen an der Abzweigung zur Cap. Alpina. Hier also rechts ab, durch einen Campingplatz und dann auf breitem Spazierweg immer taleinwärts leicht ansteigend hinauf. Endlich kommt der Parkplatz in Sicht – für heute ist der Berge Ruf für uns verstumm. Übrigens: Der Bus hält natürlich doch am Valparolapass…

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