Tag 4: Hochlager 1 – Hochlager 2 (ca. 5900 m)
↑ 3½ Std., 650 mH
Unser peruanischer Bergführer Maximo weckt das ganze Lager um 6.15 Uhr. Schnell aufstehen, Schlafsack einpacken und Isomatte zusammenrollen. Da es die ganze Nacht gestürmt hat habe ich fast kein Auge zugemacht. Noch immer bläst der Wind und es ist dementsprechend kalt draußen, sodass ich mich beeile die Expeditionsfäustlinge überzustreifen. Rasch schütte ich 3 Becher heißes Wasser und einen halben Becher Kaffee in mich hinein, dann geht es auch schon los. Wir gehen heute aufgrund der Steilheit des Geländes in 3er Seilschaften und meine startet als erstes. Der Weg zum 2. Hochlager stellt den objektiv gefährlichsten Teil der gesamten Unternehmung dar, da er durch die Eisbrüche der „Candaletta“ führt. Das ist auch der Grund für den zeitigen Aufbruch an diesem Tage.
Der Weg durch die Eisbrüche der Candaletta
Anlegen der Steigeisen bei schneidend kaltem Wind
Aufbruch unserer 3er Seilschaft
Gleich vom Lager weg geht es steil hinauf, immer einem Trampelpfad folgend, manchmal weisen auch rote Markierungsfähnchen den Weg. Stets im zick-zack durchqueren wir unglaubliche Spaltenlandschaften. Teilweise tritt sogar Blankeis zu Tage, sodass Frontalzackentechnik gefordert ist.
Mitten im Bruch, oben zieht die Spur nach links um dann zum Sattel der Garganta hinüberzuqueren
Wir versuchen so zügig wie möglich voranzukommen, erst als wir oberhalb der Candaletta nach links queren gönnen wir uns eine Trinkpause. Dabei fällt Christoph ein Handschuh zu Boden und rutscht – wie könnte es anders sein – direkt in die nächste Spalte. Ich versorge ihn mit meinen Ersatzhandschuh. Dann beginnen wir die lange Linksquerung zu dem, zwischen den beiden Gipfeln des Huascaran liegenden, Sattel („Garganta“). Dabei sind zwei üble Seraczonen zu durchlaufen – riesige Eisblöcke, die verstreut über den Hang liegen, mahnen zur Eile. Doch Eile ist in einer Höhe von fast 6000 m relativ, unten im Tal würde man das Tempo eher als gemütlichen Spaziergang bezeichnen. Völlig ausgepumpt müssen wir nach jeder der beiden Seraczonen erst einmal einige Zeit Luft schöpfen.
Die riesigen Eisblöcke lassen es ratsam erscheinen hier zügig durchzukommen
Endlich, nach einem letzten Anstieg erreichen wir das Hochlager 2, das sich etwas unterhalb – und so ein wenig (aber nicht viel!) vom Wind geschützt – der „Garganta“ befindet. Unglücklicherweise sind die Hochträger aber noch nicht hier oben angekommen, sodass wir keine Zelte, die uns vor dem Wind und der Kälte schützen könnten, aufbauen können. Nach einer viertel Stunde sind aber auch sie am Lagerplatz eingetroffen und wir bemühen uns die Zelte einigermaßen vernünftig – trotz starkem Wind – aufzubauen.
Ankunft der nach uns gestarteten Seilschaft am Lagerplatz
Wir sichern die Zelte so gut als möglich gegen den ewigen Wind der hier oben sein eintöniges Lied pfeift
Um 14 Uhr brechen Dirk, Maximo und Johnny auf, um die Gipfelroute mit Fixseilen zu versehen. Pünktlich zum Abendessen um 17 Uhr sind sie wieder da – ein Aufstieg auf den Südgipfel ist zurzeit aufgrund der Spaltenlage nicht möglich! So bleibt uns „nur“ der Aufstieg auf den um 104 m niedrigeren Nordgipfel.
Ein Teil unseres Lagers mit dem dahinterliegenden Nordgipfel, das Ziel des nächsten Tages
Wir beeilen uns, die lauwarmen Spaghetti reinzuschieben um dann schnell wieder ins Zelt verschwinden zu können. Es ist durch den permanent blasenden Wind einfach zu kalt! Arthur hat wenigstens ein Buch dabei, ich habe aus Gewichtsgründen darauf verzichtet und so bleibt mir nichts anderes übrig als bis zum Schlafengehen um 19.30 Uhr gegen die Zeltdecke zu schauen.