Tomaselli Klettersteig

Der Tomaselli ist einer der Megaklassiker in den Dolomiten und jeder Klettersteigler, der dessen Anforderungen beherrscht, sollte ihn einmal gemacht haben. Doch Vorsicht: Der Steig ist wirklich hochalpin und verlangt neben einem kräftigen Bizeps auch das sichere Gehen in leichtem, jedoch nicht absturzsicherem, ungesichertem Gelände. Und auch der Abstieg bildet noch einmal einen Klettersteig für sich. Wer jedoch den Schwierigkeiten gewachsen ist, wird hier einen Klettersteiggenuss erleben, der in den Alpen seinesgleichen sucht.

Ausgangspunkt: Falzaregopass; alternativ auch von der Bergstation der Lagazuoi Seilbahn

Schwierigkeit: D

Zeitbedarf:

  • Falzaregopass – Forc. Travenanzes: 1 Std.
  • Forc. Travenanzes – Einstieg: 1 Std.
  • Tomaselli Klettersteig: 2 ¼ Std.
  • Ausstieg – zurück zum Einstieg: 1 Std.
  • Einstieg – Bushaltestelle Cap. Alpina: 2 Std.
  • Bushaltestelle – St. Kassian: 1 Std.

Topo Tomaselli Klettersteig

Unsere Ferienwohnung befindet sich in San Cassiano und so fahre ich mit dem Bus von dort zum Falzaregopass (4€). Start von dort um 9.15 Uhr. Es gilt nun, zunächst die Forcella Travenanzes zu erreichen. Ich schlage dazu Weg Nr. 402 ein, der von der Talstation der Lagazuoi Bahn beginnend immer schräg rechts aufwärts durch die Nordflanke des Lagazuoi zieht.

351Rückblick zum Falzaregopass

Zuletzt dann gerade im zick-zack über die Skipiste in die 2507 Meter hoch gelegene Travenanzes Scharte. Hier ist der Tomaselli Klettersteig dann auch erstmals ausgeschildert (Weg 20B). Der Weg steuert jetzt direkt auf die Fanesspitzen zu. Über Geröllfelder geht es vorerst ohne Höhenverluste auf schmalem Pfad dahin, bis die Forcella Gasser Depot schließlich in einem kurzen, aber steilen Anstieg erklommen wird. Von dort wieder ein kurzes Stück hinab – die Fanesspitzen sind mittlerweile schon ganz nahe und ragen mächtig vor einem auf.

352

Von der Forcella Travenanzes hat man einen vorzüglichen Blick auf die Tofanen (rechts Tofana di Rozes, links Tofana di Dendro)

353Die Fanesspitzen kommen näher. Auf die im Bild höchste Erhebung (südliche Fanesspitze) führt der Klettersteig hinauf. Rechts davon die Forc. dei Quaire, von der aus eine unangenehme Schotterrinne (unterhalb davon zu sehen) zurück zum Ausgangspunkt führt

Vor lauter Schauen hätte ich fast den unscheinbaren (und auch nicht extra beschilderten) Linksabzweig hinauf in die Forcella Grande verpasst. Denn der weiter geradeaus führende Weg ist gleichzeitig der Abstiegsweg – an diesem Punkt wird sich später der Kreis wieder schließen. In zwei Kehren geht es hinauf in die Forcella Grande, hier wechselt man nun von der Ost- auf die Westseite des Massivs.

354

In der Forcella Grande. Im Hintergrund der kleine Lagazuoi

356Das Biv. della Chiesa bildet den Startpunkt des Klettersteigs

Auf der anderen Seite geht es etwa 50 Meter hinab, dann steht man am Bivacco della Chiesa, das gleichzeitig den Ausgangspunkt für den Klettersteig bildet. Da auch noch andere Klettersteiganwärter vor Ort sind, beeile ich mich, das Klettersteigzeug anzulegen und steige ohne Umschweife ein.

358

Blick vom Einstieg hinab zum Lagazuoisee

359Auf ins Vergnügen…

Ein paar Serpentinen leiten zur Einstiegswand, ein teilweise etwas griffarmer Linksquergang (C/D). Danach wird es wieder leichter, es geht weiter nach links unter den in der Wand hängenden Holzleitern hindurch (A). Jetzt wird es wieder schwerer und man erreicht, gerade aufsteigend nach Überwindung einiger Steilstufen (C/D) einen weitläufigen Geröllkessel.

360

Der Einstiegsquergang

361

Danach wird es zunächst wieder leichter, wobei weiterhin nach links gequert wird

362Über steile Wandstufen erreicht man schließlich einen weitläufigen Geröllkessel

Durch diesen in Gehgelände, häufig über Bänder, dabei teilweise auch ungesichert hinauf. Insgesamt geht es immer mehr oder weniger weiter nach links hinüber. Am Ende der Linksquerung wird über eine Platte (B) ein Überhang erreicht, unter dem dann nach rechts über ein Band ungesichert in eine Scharte unterhalb des Gipfelturms gequert wird.

367

Im Geröllkessel muss ungesichert über schmale Bänder aufgestiegen werden

368Eine Rechtsquerung leitet hinüber in eine Lücke vor dem Gipfelpfeiler

Jetzt wird es noch einmal interessant: Zuerst auf dem Pfeiler gerade ansteigen (zuerst C/D, dann C), dann geht es etwas nach rechts direkt durch eine senkrechte, schattige und zum Teil fast schon überhängende Rissverschneidung (D) äußerst kräftig in eine Lücke unter der Gipfelwand. Diese bildet für mich die schönste Stelle des Steigs, auch hier muss man noch einmal ein wenig zupacken (C), die schwersten Stellen liegen nun jedoch definitiv hinter einem. Ich erreiche den Gipfel der Südlichen Fanesspitze (2980 m) um 11.15 Uhr; da es noch so früh am Tag ist, sind außer mir nur noch zwei andere Ferratisti hier oben.

369

Der Pfeiler von der Lücke aus

373

Tiefblick von halber Pfeilerhöhe aus

374

Blick in Richtung Gipfel, zwei Klettersteigler verlassen gerade die Schlüßelstelle

375

Die Schlüsselstelle

376

Die Schlüsselstelle von oben

377

Die Gipfelwand ist dann nur noch Genuss pur

378Der Gipfel ist erreicht

370Wahnsinnsblick auf Marmolada uns Sella

Das Wetter ist super und so kann ich die fantastische Aussicht, die man von dieser luftigen Warte aus genießt ausgiebig in mich aufnehmen. Nach einer langen Rast mache beginne ich den auf der Rückseite des Gipfels befindlichen Abstiegsklettersteig (immerhin Stellen C, durchgehend drahtseilversichert). Schon bald stehe ich in der Forcella dei Quaire. Von dort geht es sehr steil und unangenehm durch eine Schotterrinne hinab und dann hinüber, wie bereits oben erwähnt, zur Forcella Grande.

381Die unangenehme Schotterrinne

Hier bestehen nun mehrere Möglichkeiten, die Tour zu beenden. Man kann einerseits auf dem Aufstiegsweg zurück zur Forc. Travenanzes und weiter zum Falzaregopass. Schöner und abwechslungsreicher ist es allerdings, über den Weg 20B von der Forcella Grande hinüber zum Gipfel des Lagazuoi zu laufen, von wo aus man dann, um zum Parkplatz zurückzukehren, entweder die Seilbahn, oder – für einen etwas aktiveren Abstieg – den Weg durch den Kriegsstollen nehmen kann. Wer jedoch, so wie ich, nicht mit dem Auto unterwegs ist und somit nicht an eine Rückkehr zum Ausgangspunkt gebunden ist, kann sogar noch einen weiteren Abstiegsweg verfolgen. Ich laufe dazu zunächst in Richtung Lagazuoi: Ein zweites Mal vorbei am Bivacco della Chiesa, dann immer schräg nach links auf einem guten Pfad, direkt unter den Felswänden entlang.

Übersicht über den Abstieg in Richtung Lagazuoi(see)

382Ein schöner Pfad führt vom Bivacco hinüber in Richtung Lagazuoi

Man erreicht so das weitläufige Plateau, welches sich unter den Lagazuoigipfeln ausbreitet und trifft dort auf Weg Nr. 20. Wer zum zur Seilbahn auf dem Gipfel des kleinen Lagazuoi will, muss hier links abbiegen. Ich allerdings zweige rechts ab und folge dem breiten und sanft absteigenden Weg hinab zum Lagazuoisee, wo ich eine weitere, ausgiebige Rast einlege. Der Besuch dieses kleinen Sees kann wirklich nur jedem empfohlen werden, das klare Wasser und die himmelstürzenden Felswände drumherum schaffen eine einmalige Atmosphäre.

384Der kleine Lagazuoisee ist ein beliebter Treffpunkt für Familien

Ungern verlasse ich diesen schönen Ort, denn ich habe noch ein ansehnliches Stück Weg vor mir. Vorbei geht es an der nahen Scotonihütte, bald ist auch die Capanna Alpina erreicht. Nun ist die Passstraße mit der dort befindlichen Bushaltestelle auch nicht mehr weit. Doch mit Ernüchterung stelle ich dort fest, dass der nächste Bus erst in 45 Minuten kommt. Kurzentschlossen laufe ich weiter, so weit ist es ja jetzt auch nicht mehr nach San Cassiano. Doch wie immer, wenn man bereits weit gelaufen ist ziehen sich die letzten Kilometer noch einmal besonders arg und so ich dann doch einigermaßen erleichtert, als ich endlich in der Ferienwohnung ankomme.

0 Comments

Leave A Comment

Your email address will not be published.